Kulturelle Gedenkfeier: Lesung gegen das Vergessen im SO36

Berlin, Deutschland - In Berlin fand am 9. Mai 2025 eine eindrucksvolle Lesung im bekannten Punk-Club SO36 statt. Diese Veranstaltung wurde vom Literaturhaus Berlin, dem Thomas-Mann-Haus und der Villa Aurora in Los Angeles organisiert und widmete sich den Texten jüdischer, marxistischer und pazifistischer Autoren, deren Werke im Jahr 1933 von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. Die Lesung vereinte Rapperinnen und Rapper, darunter Malonda, Conny, Alice Dee, Amewu, BRKN und Ebow, die den Anwesenden die bedeutenden Texte näherbrachten.

Das Publikum, ein bunt gemischtes Publikum im Alter zwischen 20 und 60 Jahren, erlebte eine Lesung, die trotz des düsteren Anlasses heiter begann. Die vorgetragenen Werke thematisierten innere und äußere Emigration, Verlust der Identität, Krieg, Rassismus sowie Nationalbewusstsein. Unter den präsentierten Autoren fanden sich Größen wie Georg Kreisler, Mascha Kaléko, Hannah Arendt, Nelly Sachs, Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky. Beispieltexte wie Kalékos „Frühling über Berlin“ und Kreisler’s „Die Nation“ sowie „Außenpolitik“ sorgten für nachdenkliche Momente.

Bereits etablierte Tradition

Die Lesung im SO36 ist nicht die erste ihrer Art. Vor fünf Jahren, anlässlich des 85. Jahrestags der Bücherverbrennung, wurde eine Sonderausstellung über die Rolle Berliner Bibliotheken bei der Zensur von Büchern erarbeitet. Diese Initiative fand in Zusammenarbeit mit dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin statt. Im Rahmen dieser Ausstellung wurde die erste „Lesung aus verbrannten Büchern“ durchgeführt, die auf großes Interesse stieß und als jährliche Reihe institutionell etabliert wurde.

In den folgenden Jahren wuchs das Format und Themen wie das 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts wurden integriert. Als Teil dieser Tradition wurden Werke von verschiedenen Autorinnen wie Gabriele Tergit und Clara Zetkin gelesen. Im Rahmen der Corona-Pandemie wurden die Lesungen als Podcasts produziert, was den Zugang zu den Inhalten erleichterte. Die Planung für die diesjährige Lesung, die sich mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzt, hat bereits begonnen, unter der Leitung des Bibliotheksteams, da Monika Sommerer im Frühjahr 2023 das Projekt verlässt und ins Jüdische Museum wechselt.

Eindrücke und Ausblick

Die Lesung im SO36 wurde als gelungenes Experiment bezeichnet. Die Vorträge waren unterschiedlich intensiv, aber die meisten Gedichte waren weniger als zwei Minuten lang und boten eine gelungene Mischung aus bekannten und unbekannten Texten. Besonders eindringlich war der Vortrag von Amewu, der mit Paul Celans „Todesfuge“ für Gänsehaut sorgte. Während einige Vorträge weniger überzeugend waren, wurde die Veranstaltung allgemein als Erinnerungsarbeit und ein Zeichen gegen das Vergessen gewertet.

Die Veranstaltung bietet nicht nur einen Rückblick auf die kulturellen Herausforderungen der Vergangenheit, sondern auch einen Ausblick auf mögliche Fortsetzungen. Erneute Lesungen sind angedacht, um zukünftige Generationen für die Gefahren der Zensur und des historischen Vergessens zu sensibilisieren.

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Ort Berlin, Deutschland
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