Berlin und Brandenburg: Aufschwung der Rüstungsindustrie nach Ukraine-Krieg

In Berlin und Brandenburg expandiert die Rüstungsindustrie, während gesellschaftlicher Widerstand wächst. Analysen und Trends.

In Berlin und Brandenburg expandiert die Rüstungsindustrie, während gesellschaftlicher Widerstand wächst. Analysen und Trends.
In Berlin und Brandenburg expandiert die Rüstungsindustrie, während gesellschaftlicher Widerstand wächst. Analysen und Trends.

Berlin und Brandenburg: Aufschwung der Rüstungsindustrie nach Ukraine-Krieg

In Berlin und Brandenburg hat sich die Anzahl der Unternehmen, die „Dual Use“-Produkte herstellen, in den letzten Monaten verdoppelt. Aktuell gibt es etwa 100 solche Firmen in der Region, die sowohl zivile als auch militärische Produkte entwickeln. Dies wurde durch die steigende Nachfrage im Rahmen des Ukraine-Kriegs und durch die veränderte Rüstungs politik nach dem Bundestagsbeschluss zur Aufhebung der Schuldenbremse, der Milliardeninvestitionen in die Rüstungsindustrie ermöglicht, begünstigt. Laut rbb24 ist ein Beispiel für diese Entwicklung der Automobilzulieferer Pierburg, der ab September mit der Produktion von Komponenten für Artilleriemunition beginnen wird. Dies sichert 350 Arbeitsplätze und könnte die Belegschaft weiter aufstocken.

Ein weiteres bemerkenswertes Unternehmen ist Germandrones, das 2017 gegründet wurde und Drohnen für das ukrainische Verteidigungsministerium produziert. Die Firma hat eine Produktionshalle im ehemaligen Flughafen Tegel angemietet und entwickelt moderne UAV-Technologie, die auch für zivile Zwecke wie die Inspektion kritischer Infrastrukturen und den Transport von Hilfsgütern eingesetzt wird. Das modulare Konzept des Produkts ‚Songbird‘ erlaubt einen flexiblen Einsatz unterschiedlichster Kameras und Sensoren. Diese Technologie steht beispielhaft für die Innovationskraft, die viele Berliner Unternehmen im Bereich der Verteidigung zeigen.

Technologische Entwicklungen und Herausforderungen

In Berlin sind mehr als 70 Unternehmen mit etwa 10.000 Beschäftigten aktiv in der Herstellung von Kleinstsatelliten beteiligt. Diese Satelliten kommen zur Identifikation von Sturmschäden und zur Überwachung von Truppenbewegungen zum Einsatz. Auch weitere technologische Entwicklungen finden statt: Kryptoverschlüsselung, unterbrechungsfreie Stromversorgung, Medizintechnik, Exoskelette für den Einsatz in Kriegsgebieten sowie Quantensensorik zur Aufspürung von Waffenlagern sind nur einige Beispiele.

Die Bundeswehr hat seit 2017 die Suche nach Startups im Technologiebereich aktiv forciert. Der Cyber Innovation Hub in Berlin fördert hierbei die Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen Startups. Über 40 Projekte werden dort entwickelt, darunter eine KI-gesteuerte Nahkampfdrohne. Dies geschieht in der Hoffnung, dass die neuen Rüstungsausgaben zu einem signifikanten Investitionsschub für Unternehmen in der Region führen.

Widerstände und gesellschaftlicher Wandel

Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs gibt es auch Widerstände. In Lübben etwa haben Bürgerinitiativen 1.600 Unterschriften gegen die Rüstungsproduktion gesammelt. In Berlin gab es Übergriffe auf Firmen, die als Rüstungszulieferer gelten, einschließlich eines Brandanschlags auf den Chipzulieferer Microresist. Bei Pierburg veranlassten die Umstellung auf Rüstungsproduktion jedoch nur geringe Proteste, wobei Bewohner besorgt über die Art der Produktion waren.

Wirtschaftsförderer Stefan Franzke konstatiert, dass ein Bewusstseinswandel in der Gesellschaft durch den Ukraine-Krieg und die NATO-Politik der USA in Gang gesetzt worden ist. Meinungsumfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Deutschen für mehr Investitionen in die äußere Sicherheit ist. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Industrie, die sich zunehmend auf den Rüstungsbau ausrichtet, um von den neuen Aufträgen zu profitieren und die nationale Sicherheit zu gewährleisten.