Irina Liebmann wird am kommenden Sonntag 80 Jahre alt. Seit 40 Jahren ist sie Schriftstellerin und hat in dieser Zeit mehrere bemerkenswerte Werke veröffentlicht. Ihr erstes Buch, „Berliner Mietshaus“, erschien 1983 und wurde von der Berliner Zeitung hochgelobt. Der bekannte Schriftsteller Eberhard Panitz schrieb, dass es ein unbequemes und ehrliches Buch sei, das weder beschönigt noch Schwarzmalerei betreibe. Es zeige keine bequemen Raster auf.
Irina Liebmann hatte bereits vor ihrem Debüt als Schriftstellerin mit preisgekrönten Hörspielen und beeindruckenden Reportagen in der Wochenpost auf sich aufmerksam gemacht. Ihr Sinologiestudium und ihre Arbeit als Redakteurin der Zeitschrift Deutsche Außenpolitik hatten sie dabei unterstützt, den Blick auf die Realität zu schärfen und daraus neue literarische Werke zu schaffen.
Diese Methode der genauen Erforschung ihrer Themen und der Verwendung von historischen Bildern, um die Gegenwart zu beleuchten, hat sie über die Jahre beibehalten. Dies zeigt sich auch in ihren späteren Werken, wie zum Beispiel in „Große Hamburger Straße“, das 2020 erschienen ist. Die Akribie im historischen Detail und die Aufmerksamkeit für Lebensgeschichten sind auch hier unverkennbar.
Ein weiteres Buch von Irina Liebmann ist „In Berlin“, in dem sie ihre Hauptfigur, die ebenfalls den Namen Liebmann trägt, durch die Recherchen und Erkundungen der Protagonistin führt. Es handelt von den beiden Stadthälften Berlins und dem Pendeln zwischen Pankow und Charlottenburg. Das Buch thematisiert, was diese Verhältnisse mit den Menschen machen. Es wurde 1994 veröffentlicht und unterschied sich von den geforderten Wenderomanen dieser Zeit, da die Autorin sich weniger mit äußerlichen Veränderungen beschäftigte.
Ein anderes Werk von Irina Liebmann ist „Letzten Sommer in Deutschland. Eine romantische Reise“, das drei Jahre später erschienen ist. In diesem Buch erkundet die Autorin die Veränderungen nach der Wiedervereinigung, insbesondere die blühenden Landschaften im Osten Deutschlands sowie die Herkunft des westlichen Wohlstands. Auch hier werden historische Details eingebunden. Das Inhaltsverzeichnis verbindet die Orte rhythmisch mit den erlebten Eindrücken.
Irina Liebmanns bekanntestes Buch, „Wäre es schön? Es wäre schön! Mein Vater Rudolf Herrnstadt“, wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. In diesem Buch erforscht sie ihre eigene Familiengeschichte und porträtiert ihren Vater, der Kommunist war und lange mit seinen Idealen die Wirklichkeit überdeckte. Als er jedoch 1953 gegen Walter Ulbricht aufbegehrte und forderte, dass die SED eine Partei der Arbeiterklasse sein solle, verlor er den Machtkampf und wurde aus Ost-Berlin in die Provinz abgeschoben. Das Buch wurde kürzlich bei Schöffling & Co neu aufgelegt.
In ihren Dankesreden und Vorträgen betont Irina Liebmann immer wieder die Bedeutung der Literatur als kritisches Medium. Es fällt ihr auf, was in den Zeitungen nicht erwähnt wird, auch in der demokratischen Presse des vereinten Landes. Sie sieht einen Bezug zur Geschichte und teilt diese Haltung mit Autoren wie Uwe Johnson. Für sie ist das Schreiben nicht nur eine Ansammlung von Fakten, sondern eine Melodie, die den Raum umfasst und die Leuchten der Zeit und den Klang der Vergangenheit vermittelt.