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Großbrand in Berliner Grunewald: Ein Jahr nach dem Sprengplatz-Desaster – Was wurde seitdem getan?

Brand im Grunewald: Ein Jahr danach – Was hat sich verändert?

Große Wolken aus Rauch über dem Grunewald, die Bilder von dem Großbrand am Rande Berlins gingen um die Welt. Anwohner wurden gebeten, die Wege rund um den Wald nicht zu betreten. Ein Jahr ist es her, dass der Sprengplatz im Grunewald brannte und die Stadt Berlin tagelang beschäftigte. Im Minutentakt wurde am 4. August 2022 und den Tagen danach über die Gefahr einer Explosion und die möglichen Auswirkungen für Anwohner und Umwelt berichtet.

Es wurden Löschflugzeuge aus Sachsen angefordert, doch die waren bereits bei anderen Bränden im Einsatz. Sogar Drohnen und Räumungspanzer wurden aktiviert. Für mehrere Tage war offen, ob der Brand gelöscht werden kann und ob die dort gelagerte Munition explodieren könnte. Nach Angaben der Feuerwehr war dieser Einsatz der schwierigste und längste seit dem Zweiten Weltkrieg: 27 Tage lang waren insgesamt 716 Feuerwehrleute in dem Waldstück im Einsatz. Zum Zeitpunkt, als das Feuer 2022 ausbrach, lagerten dort über 12 Tonnen Munition und Sprengstoff.

Damals ging die Arbeit von Feuerwehr, Polizei und Sprengmeister noch glimpflich aus, auch wenn 15.000 Hektar im Grunewald schwer beschädigt wurden. Ein Sperrgebiet von 1000 Metern wurde um das Gebiet gezogen. Was genau die ursprüngliche Explosion verursacht hat, ist bis heute nicht geklärt. Fast alle Waldbrände werden jedoch durch Menschen verursacht, entweder durch ein Versehen – etwa eine kokelnde Zigarettenkippe –, in einigen Fällen aber auch absichtlich. Beispielsweise wird bei den Bränden in Rhodos vor einigen Wochen auch von einer menschlichen Ursache ausgegangen.

Brandstiftung kann im Fall des Grunewaldes jedoch ausgeschlossen werden, entschied die Polizei damals bereits einen Monat nach dem Vorfall. Noch in diesem Jahr wurde allerdings wegen der genauen Klärung der Ursache geforscht, zwecks Prävention.

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Die Polizei habe aus dem Vorfall gelernt hat, sagt Susanne Bauer, Leiterin der Kriminaltechnik des LKA Berlin dem RBB. Sie sei damals hauteng am Fall Grunewald dran gewesen und habe sich den Brand eigentlich anders vorgestellt. So ging es vielen, denn bei solchen Schäden denkt man an hohe Flammen und lodernde Bäume. Dabei handelte es sich damals um einen sogenannten Bodenbrand, das heißt, es waren hauptsächlich Gebüsch und Gras betroffen.

Zudem wurde die dort gelagerte Menge der explosiven Stoffe laut der Senatsinnenverwaltung deutlich reduziert. Aktuell seien es 4,4 Tonnen, hieß es am Mittwoch. "Der Wiederaufbau des Sprengplatzes Grunewald wurde genutzt", sagt Polizeipräsidentin Barbara Slowik, "um aktuelle Standards zu implementieren."

Der dortige Sprengplatz ist bis heute abgesperrt und selbst für Berliner Förster nicht zugänglich. Der Wald ist zudem ohnehin kampfmittelbelastet und wurde seit Ende des Krieges nicht geräumt. Während des Brandes im letzten Jahr explodierte ein Container und so verteilten sich 4000 kleine Granaten im Wald. Diese sind laut Bauer nicht nur mit Sprengstoff, sondern auch mit weißem Phosphor gefüllt, welcher einen erneuten Waldbrand auslösen könnte.

Auf dem Sprengplatz im Grunewald wird seit 1950 Weltkriegsmunition entschärft, die in oder rund um Berlin immer noch gefunden wird. Es gebe mehr als 7000 Straftaten mit explosivem Material in Berlin pro Jahr, dazu gehören auch illegale Feuerwerkskörper. Das meiste detoniert dort sicher.

Als der Grunewald als Ort gewählt wurde, war Berlin noch geteilt, der Sprengplatz lag am Stadtrand, nicht weit von der Mauer. Doch mit der Wiedervereinigung befand sich der Platz plötzlich nicht mehr am Rand, sondern mittendrin zwischen Potsdam und Berlin. Seit der Grunewald-Explosion entstand nun die Debatte, ob der Sprengplatz nicht geschlossen werden sollte und Bomben-Entschärfungen in unbewohntere Gegenden von Brandenburg verlagert werden können.

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Innensenatorin Iris Spanger (SPD) hat sich nun endgültig dagegen ausgesprochen: "Der Sprengplatz Grunewald wird bleiben." Auch in einer aktuellen Pressekonferenz blieb sie dabei. Als einziger Sprengplatz Berlins sei er für die Entsorgung von alten Funden und auch für die Sicherung von Beweismaterialien wichtig. Allerdings soll an der Sicherheit des Geländes gearbeitet werden.

Susanne Bauer vom LKA ist zuversichtlich: "Solch einen Brand gibt es nie wieder." Zwar könne man Brände nie ganz verhindern, aber über den Winter seien auf dem Sprengplatz massiv Notsprengungen durchgeführt worden, sodass dort nun kaum noch Munition lagert. Nur im Grunewald ist man fernab genug von Wohngebieten, um dies zu gewährleisten, so Susanne Bauer. Die Auslagerung nach Brandenburg ist nicht machbar, sei "wahnsinnig gefährlich", denn dann müsste man die Munition durch dicht bewohnte Gebiete transportieren.

Also keine unkontrollierten Explosionen mehr im Grunewald? Das ist die Hoffnung. Aber wie ist es mit Bränden? "Die Brandursache ist immer menschlich – ob fahrlässig oder mutwillig", sagt Sara Lühmann von der Senatsverwaltung für Verkehr. In Berlin gebe es bereits seit dem Jahr 2012 eine Initiative, von Nadelwald auf Mischwald aufzuforsten. Dafür sollen jedes Jahr circa 4 Millionen junge Bäume gepflanzt werden. Der Mischwald, größtenteils Ulmen, Eichen und Buchen, erweitere sich dadurch um circa 100 Hektar pro Jahr, und auch das trage zur Prävention von Feuer bei. Zum einen brennt grünes Laub nicht so einfach wie Nadeln, zum anderen wird dieses Laub schneller zu Humus, welcher ebenfalls nicht so leicht entflammt wie zentimeterdicke Nadelschichten.

Trotzdem bleiben Risiken, so steigt das Waldbrandrisiko in Berlin durch die anhaltende Trockenheit im Zuge der Klimakrise. Zur Früherkennung soll zudem ein Sensor angebracht und sechs neue Hydranten für Löschwasser eingebaut werden.

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Als Frühwarnsystem unschlagbar, meint Sara Lühmann, sind allerdings besonders Berliner Waldbesucher. Wer aufmerksam wandern geht, bemerke Rauch und Flammen früher, besonders an wenig überwachten Stellen. Bei rund 300 Millionen Waldbesuchern pro Jahr lobt sie die vergleichsweise kleine Anzahl an Fehlverhalten, betont aber auch, dass die meisten Schäden durch Missachtung der Leinenpflicht für Hunde und des Rauchverbotes entstehen. Wer dem Grunewald wirklich helfen will, der geht also wandern, mit offenen Augen und möglichst, ohne Spuren zu hinterlassen. (mit dpa)

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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