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Giftige Schneewittchen-Äpfel: Bundesamt plant höhere Grenzwerte – BUND kämpft dagegen

Bundesamt für giftige Schneewittchen-Äpfel | BUND gegen höhere Grenzwerte für gefährliches Fungizid

Berlin – Ein aktueller Vorstoß des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sorgt für Diskussionen: In der Bodensee-Region sollen Äpfel und Birnen künftig vermehrt mit einem gefährlichen Pestizid behandelt werden. Als Folge sollen die Grenzwerte für die Rückstände des giftigen Fungizids in Kernobst erhöht werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellt sich gegen die geplante Maßnahme des BVL, die den Grenzwert für das Pestizid um das 20-fache anheben würde.

Ein wichtiges Problem hinter der geplanten Maßnahme ist der bedrohte Hopfenexport in die USA und nach Japan. Aufgrund der nassen Witterung in der Bodensee-Region steigt das Risiko von Schorfinfektionen an Kernobst. Das bisher verwendete Pestizid Captan landet jedoch durch Abdrift auch auf den umliegenden Feldern und beeinträchtigt somit auch den Hopfenanbau. Die Länder USA und Japan tolerieren jedoch keine Captan-Rückstände in importierten Produkten, wodurch der Export des Hopfens gefährdet wäre. Daher wurde bereits für diese Obst-Anbausaison eine Notfallgenehmigung für das Fungizid mit dem Wirkstoff Folpet erteilt. Allerdings würde der Einsatz dieses Pestizids zu Rückständen im Obst führen, die den EU-weiten Grenzwert deutlich überschreiten. Das BVL plant daher, den Grenzwert des hochgefährlichen Fungizids in Kernobst national von 0,3 mg/kg auf 6 mg/kg vorübergehend anzuheben. Ein entsprechender Entwurf liegt bereits vor. In der Folge könnten solche Äpfel und Birnen nur noch in Deutschland verkauft werden und nicht mehr in andere EU-Länder exportiert werden.

Experten des BUND äußern große Bedenken bezüglich des Einsatzes von Folpet. Es handelt sich um einen hochgefährlichen Stoff, der akut toxisch ist und als wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd gilt. Zudem ist er hochgiftig für Fische und Wasserorganismen. Der BUND fordert ein Verbot solcher gefährlichen Substanzen anstatt ihrer vermehrten Nutzung. Diese haben im heimischen Obst nichts zu suchen.

Die vermehrten Anträge zur Notfallgenehmigung von Pestiziden und die Anhebung von Grenzwerten als Reaktion auf Wetterextreme, die durch die Klimakrise verursacht werden, sind aus Sicht des BUND keine nachhaltige Lösung. Stattdessen sollten Maßnahmen ergriffen werden, die den Einsatz von Pestiziden generell reduzieren, die Artenvielfalt schützen und die Gesundheit von Anwendern und Verbrauchern nicht gefährden. Beispielsweise könnten widerstandsfähige Obstsorten verwendet, regelmäßige Baumschnitte zur Belüftung durchgeführt und das Falllaub entfernt werden, da sich dort die Pilzsporen überwintern.

Ein wichtiger Punkt, den der BUND anspricht, ist die Einschätzung des Schorfs als primär ästhetisches Problem. Im Gegensatz zu Pestizidrückständen im Obst stellen Äpfel mit Schorf kein gesundheitliches Risiko dar. Hier kommt auch der Lebensmittelhandel ins Spiel, der eine Toleranz gegenüber Waren mit Schönheitsfehlern entwickeln sollte. Dies wäre klüger, gesünder und nachhaltiger, als die Regale mit perfekten Äpfeln zu füllen.

Die Forderungen des BUND richten sich an Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne). Der BUND fordert ihn auf, sich für eine Reduzierung des Pestizideinsatzes einzusetzen und die Maßnahmen des BVL zu stoppen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sollte Obstbauern bei der Anwendung nicht-chemischer Alternativen unterstützen und den Lebensmittelhandel dazu verpflichten, Waren mit Schönheitsfehlern zu tolerieren.

Für weitere Informationen:

  • Stellungnahme des BUND zum Referentenentwurf des BVL
  • BUND-Seite „Pestizide sind überall“
  • Essen ohne Pestizide: Besser für Mensch und Natur
  • Kontakt: Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin, Tel.: 030-27586547, E-Mail: corinna.hoelzel@bund.net

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., Petra Kirberger (v.i.S.d.P.), Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin

NAG Redaktion

Versierte Journalisten mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Arbeiteten seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Haben für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und sind bekannt für tiefgründige Analysen und klare Darstellungen komplexer Sachverhalte.

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