Berlin setzt auf feste Plastikdeckel: Umweltschutz oder Umständlichkeit?
Berlin führt seit Juli 2024 feste Deckel für PET-Flaschen ein, um Plastikmüll zu reduzieren und Umwelteinträge zu vermeiden.

Berlin setzt auf feste Plastikdeckel: Umweltschutz oder Umständlichkeit?
Seit dem Sommer 2024 ist in Berlin ein fester Deckel für PET-Flaschen Pflicht. Diese Regelung, die im Rahmen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt wurde, soll entscheidend dazu beitragen, Plastikmüll in der Umwelt zu reduzieren. Lose Flaschendeckel sind seitdem von den Regalen verschwunden, was eine klare Reaktion auf die aus dem EU-Spülsaummonitoring von 2015 resultierenden Erkenntnisse ist. Dieses hatte gezeigt, dass zahlreiche lose Plastikdeckel an Stränden zu finden waren. Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung (EWKKennzV), die am 3. Juli 2024 in Kraft trat, wie rbb24 berichtet.
Die neue Regelung betrifft alle Kunststoffverschlüsse an Einweg-Getränkeflaschen mit einem Volumen von bis zu drei Litern. Die Hauptmotivation hinter den sogenannten Tethered Caps ist es, die Verschlüsse zusammen mit den Flaschen zu recyceln und Umwelteinträge durch weggeworfene Verschlüsse zu vermeiden. Diese Maßnahme gehört zur europäischen Strategie, die darauf abzielt, das Recycling von Kunststoffen zu verbessern und die Umweltbelastungen zu reduzieren. Abgesehen von der Senkung des Müllaufkommens arbeiten Unternehmen wie Tetra Pak daran, auf die neuen Standards umzusteigen und investierten allein 400 Millionen Euro in die Umstellung auf verbundene Verschlusskappen, wie euwid berichtet.
Öffentliche Meinungen und Auswirkungen
Die Resonanz der Verbraucher auf die Einführung fester Deckel ist gemischt. Eine Studie des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen aus Mai 2025 ergab, dass zwei Drittel der Deutschen diese festen Deckel als unpraktisch empfinden, während beinahe die Hälfte keinen Umweltnutzen erkennt. Trotz der Kritik gibt es auch positive Rückmeldungen: In Schöneberg berichten Händler von weniger Müll und mehr Flaschen, die mit Deckeln zurückgegeben werden. Auch die Berliner Initiative „Alles im Fluss“, die Clean-up-Aktionen organisiert, verzeichnet einen Rückgang der gefundenen Deckel.
Das Umweltbundesamt verzeichnet zudem einen positiven Trend: Im Vergleich zu 2015 wurde ein Rückgang von 29 Prozent an Einwegkunststoffprodukten an den Stränden der EU festgestellt, und an der Ostsee liegt der Rückgang sogar bei 45 Prozent. Dies könnte zumindest teilweise auf die neuen Regelungen zurückzuführen sein. Um die Situation weiter zu verbessern, äußerte die Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie (BVE) jedoch Bedenken: Sie sieht keinen zusätzlichen Nutzen für Verbraucher oder Umwelt durch die Deckelverordnung.
Europäische Maßnahmen zum Plastikmüll
Der Kampf gegen Plastikmüll hat in der EU bereits lange Tradition. Bereits im Jahr 2018 wurde eine umfassende EU-Strategie für Kunststoffe vorgestellt, die darauf abzielt, bis 2030 alle Kunststoffverpackungen wiederverwendbar oder recycelbar zu machen. Jährlich erzeugt jede Person in der EU durchschnittlich 36,1 kg Verpackungsabfälle aus Kunststoff, von denen lediglich 14,7 kg pro Person recycelt werden. Um den Anstieg an Kunststoffverpackungsabfällen zu bekämpfen, wurden 2023 mehrere Maßnahmen zur Reduzierung von Verpackungsabfällen und Mikroplastikverschmutzung ins Leben gerufen. Diese Initiativen ergänzen vorherige Beschlüsse wie das Verbot von Einwegplastik im Jahr 2019, wie Europarl herausstellt.