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Frankreichs Parlamentswahl: Neue Konfliktlinien und die Zukunft von Marine Le Pen

Stillstand in Frankreich nach Parlamentswahl: Ein Blick auf die neuen Konfliktlinien

Die Parlamentswahl in Frankreich hat den Vormarsch der Rechtspopulisten vorerst gestoppt. Jordan Bardella und das Rassemblement National (RN) müssen nun im Parlament kleinere Brötchen backen. Doch während viele europäische Hauptstädte aufatmen, sind bereits neue Konfliktlinien erkennbar.

Ähnlich wie in Großbritannien haben sich die französischen Wählerinnen und Wähler nicht für etwas, sondern gegen etwas entschieden. Sie haben sich zusammengeschlossen, um Marine Le Pen zu verhindern, aber nicht, um aktiv die politische Landschaft zu gestalten.

Die Arbeiterpartei in Großbritannien hat ebenfalls nicht aufgrund ihrer Überzeugungskraft gewonnen, sondern weil die Briten die Tories satt hatten. Der britische Oppositionsführer Keir Starmer hat nun die Möglichkeit, vieles besser zu machen. In Frankreich hingegen sieht die Situation ganz anders aus.

Das linke Wahlbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei LFI war von Anfang an eine Zweckgemeinschaft, die gegen Marine Le Pen und ihr politisches Lager agierte. Jean-Luc Mélenchon, der Gründer der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI), proklamierte am Wahlabend, dass die Linke die Republik gerettet habe und bereit sei zu regieren.

Die linke Volksfront muss jedoch zuerst ihre internen Konflikte überwinden. Vor der Wahl konnten sie sich nicht einmal auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs einigen. Die Führungsfrage bleibt ungeklärt. Mélenchon selbst stellt ein großes Problem dar. Obwohl er bei den letzten Präsidentschaftswahlen 22 Prozent der Stimmen erhielt und nur knapp die Stichwahl verpasste, ist er zu polarisierend und zu radikal, um die notwendigen Brücken zu bauen, die Frankreich benötigt, um nicht stillzustehen.

Marine Le Pen setzt genau auf Stillstand, Lähmung und Perspektivlosigkeit. Sie plant, im vierten Anlauf Präsidentin zu werden und Frankreich umzubauen. Trotz des Wahlsieges des Linksbündnisses sind ihre Chancen paradoxerweise nicht kleiner geworden. Es liegt nun an der Kompromissbereitschaft ihrer Gegner, ob sie am Ende recht behält. Leider ist diese nicht in Sicht.

Emmanuel Macron steht nun als „Lame Duck“ beim Nato-Gipfel in den Vereinigten Staaten. Er wird zwar alles daransetzen, diesen Eindruck zu vermeiden, doch mit einem Parlament zu Hause, das über den Haushalt abstimmt und wichtige Reformen blockieren kann, ist Macron ein gefesselter Präsident, der wenig bewegen kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass seine voreilige Entscheidung, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, am Ende Marine Le Pen den Weg in den Élysée-Palast ebnen könnte.

Die Parlamentswahl in Frankreich hat vorerst den Vormarsch der Rechtspopulisten gestoppt. Doch der Blick auf die neuen Konfliktlinien zeigt, dass Stillstand und Lähmung drohen. Die Zukunft Frankreichs hängt von der Kompromissbereitschaft und Einigkeit der politischen Kräfte ab, um das Land voranzubringen.

NAG Redaktion

Versierte Journalisten mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Arbeiteten seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Haben für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und sind bekannt für tiefgründige Analysen und klare Darstellungen komplexer Sachverhalte.

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